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Das iMiR hat seine Aktivitäten bis auf Weiteres eingestellt
Wir haben seit Anfang 2016 unseren Betrieb vorläufig eingestellt und bereiten gerade den Übergang zu einer neuen Generation von anti-rassistischen "Advocates", die qualitative Forschung und Advocacy verknüpfen. Wir suchen Interessierte, die an der Weiterführung der Tradition des iMiR sich aktive beteiligen wollen. Mehr dazu in unseren FAQ's.
Das, was Teile der PDS im Moment vertreten?
Nora Räthzel: Genau. Mit der Lektüre von Gramsci vor allem, verband sich die Idee, Begriffe und Formen, in denen die Individuen ihrem Leben Sinn geben, kollektive Einheiten, Formen der Zugehörigkeit, nicht dem Gegner zu überlassen, sondern von links zu besetzen. Zu fragen war also zum Beispiel: Kann eine Einheit der Einwohner einer Nation sich gegen die Regierung artikulieren, statt gegen Ausländer? Um dieser Frage genauer nachzugehen, habe ich begonnen, das Buch "Gegenbilder" zu schreiben. Ich bin noch nicht zu einem endgültigen Ergebnis gekommen. Es ist auf jeden Fall ein sehr problematisches Unterfangen: Wenn du in einem nationalen Rahmen argumentierst, hast du notwendigerweise immer eine Ausschlußperspektive drin. Du verbündest dich mit Elementen der Herrschenden (zum Beispiel, indem du ihre Frage übernimmst: Wieviele sollen wir reinlassen?). Du mußt z.B. plötzlich auch die Grenzen sichern. Schau dir die Entwicklung bei den Grünen an. Die kommt ja nicht daher, daß die Leute dumm oder korrupt sind, sondern ist eine fast notwedige Folge des Sich-Einlassens auf die Logik des Systems. Auf der anderen Seite: Ist es sehr viel wirksamer, von drau?"Yen zu kritisieren? Man kann ja nie draußen sein. Die spiegelbildliche Negation ist selbst auch ein Reflex auf die Mechanismen des Systems. Das hat Foucualt sehr gut gezeigt.
Also was tun, wenn man was tun will? Man kann nur auf einer bestimmten Ebene politisch eingreifen. Ich kann nicht von meinem Wohnort aus Weltpolitik machen. Ich kann nur Politik innerhalb des Rahmens machen, in dem ich wenigstens ein paar politische Rechte habe, auch wenn es nur das Wahlrecht oder das Recht zu demonstrieren ist. Einerseits besitzt die Nation eine Realität, wenn es um eine Handlungsperspektive für das Eingreifen und Verändern geht. Andererseits ist es unsinnig, unpraktisch und nicht befreiend, Politik in der Perspektive der Nation zu machen. Es ist also sinnvoll von Nation als einer Handlungsebene zu reden, aber dies muß vom Standpunkt der Beherrschten gegen die Herrschenden geschehen, um es ganz binär zu formulieren und die darin enthaltenen Widersprüche wegzulassen. Und die Beherrschten reduzieren sich nicht auf die Einwohner der jeweiligen Nation innerhalb derer ich handele. Die politischen Ziele selbst müssen also die nationalen Grenzen überschreiten. Ich denke, Nation kann von links nicht als ein Wert, ein Orientierungspunkt für Politik besetzt werden, sondern kann und muß als eine Handlungsebene besetzt werden. Man soll sich durchaus den Standpunkt nicht wegnehmen lassen: Das ist mein Land! Ich will beeinflussen wie es aussieht. Es muß Handlungsmöglichkeiten für alle Individuen geben, für alle, die hier wohnen und die müssen so genutzt werden, daß anderen Individuen in anderen Ländern nicht Handlungs- und Lebensmöglichkeiten genommen werden. Nationale Politik von links muß also internationale Politik sein. Wenn ich jetzt nach Schweden gehe und dort fünf Jahre lang lebe, stellt Schweden meine Handlungsebene dar, ob ich nun Staatsbürgerin werde oder nicht. Solange es Nationalstaaten gibt, und die Gesellschaften so organisiert sind (ich laß die ganze Frage der Globalisierung und die damit verbundene These des Verschwindens der Nationalstaaten hier mal weg), kann dieser Standpunkt nicht einfach ausgeklammert werden. Wir sollten die Nation tatsächlich für uns reklamieren, als Anspruch, dieGesellschaft, in der wir jeweils leben, im Sinne einer internationalen Perspektive zu formen.
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